Nach einer einjährigen Pause veranstaltete die Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB) und die Kolpingfamilie Penzberg wieder einen Themenabend. Diesmal zum Thema „Individuelle Gesundheits Leistungen (IGeL)“. Als Referenten konnte die beiden katholischen Verbände für den Infoabend den Geschäftsführer des Münchner Gesundheitsladens, Peter Friemelt, gewinnen.
Zu Beginn des Abends stellte Peter Friemelt, kurz den Münchner Gesundheitsladen. Er ist unter anderem eine Patientenberatungsstelle. „Wir klären Ratsuchende“, so Friemelt, „über ihre Rechte als Patienten auf.“ Außerdem erhalten Menschen dort Unterstützung, wenn der Verdacht besteht, dass ein Behandlungsfehler durch Ärzte und Therapeuten vorliegt. Der Münchner Gesundheitsladen organisiert auch Vorträge zu Patientenrechten und zur zahnärztlichen Versorgung. Neben der Beratung liegen in den Räumen des Münchner Gesundheitsladens auch verschiedene Broschüren auf. Die Beratung ist kostenfrei. Der Münchner Gesundheitsladen wird durch Spenden und Mitgliedsbeiträge am Leben gehalten.

Ob beim Orthopäden, beim Augenarzt oder in der gynäkologischen Praxis, immer häufiger sollen medizinische Leistungen privat gezahlt werden. Zwar gibt es schon lange Gesundheitsleistungen auf eigene Rechnung, wie z. B. in der kosmetischen Chirurgie, Angebote der Alternativmedizin und zahnärztliche Leistungen, aber seit der Einführung der Praxisbudgets bemühen sich viele Arztpraxen, möglichst viele medizinische Behandlungen außerhalb der Kassenleistungen zu erbringen und sich so lukrative Einkommensmöglichkeiten zu erschließen.
„Individuelle oder auch besondere Gesundheitsleistungen“, so Peter Friemelt, „werden mit wohlklingenden Bezeichnungen, wie Vorsorge und Prävention oder Top-Service und Komfortmedizin, angeboten.“ Diese Leistungen werden entgegen ihrer vielversprechenden Deklarierung oft ohne jede Qualitätskontrolle erbracht, sind oft ohne nachweislichen Nutzen und können im schlimmsten Fall belastend oder schädlich sein.
IGeL sind ärztliche Leistungen, die entweder medizinisch nicht notwendig oder aus der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, aber dennoch aus der Sicht des Arztes sinnvoll sind und/oder vom Patienten gewünscht werden. „Über solche Leistungen“, so Friemelt, „können zwischen Ärzten und Patienten freie vertragliche Vereinbarungen abgeschlossen werden.“ Die Leistungen werden nach der Gebührenordnung der Ärzte/Zahnärzte abgerechnet.
Von ca. 50 Leistungen die gegenwärtig angeboten werden, ist nach dem IGeL Monitor keine positiv bewertet worden. Drei waren tendenziell positiv. Bei 20 war die Bewertung unklar. Bei 21 war die Bewertung tendenziell negativ. Bei vier negativ. Der IGeL-Monitor bewertet Nutzen und Schaden der IGeL.
Sehr bekannt unter den IGeL ist die Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung. Hier ist die Tendenz negativ. Die Bewertung ergab hier, dass die diagnostische Aussagekraft der Messung sehr eingeschränkt ist. Die Untersuchung verunsichert und beängstigt die Patienten nur. Peter Friemelt rät Patienten „grundsätzlich zum Augenarzt kein Bargeld mitzunehmen.“
Etwas anders verhält es sich bei der Akupunktur zur Migräneprophylaxe. Hinweise auf den Nutzen ergaben sich keine. Eine Überlegenheit im Vergleich zur medikamentösen Standardtheraphie war nicht gegeben. Allerdings ergaben sich weniger Nebenwirkungen und weniger Therapie-Abbrüche im Vergleich zur Standardtherapie.
Interessant ist die professionelle Zahnreinigung. Vor vielen Jahren hat der Bundesausschuss, der sich aus Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen und der Ärzten/Zahnärzten zusammensetzt, die professionelle Zahnreinigung als Kassenleistung abgelehnt, weil sie angeblich nichts bringt. Seit die Zahnärzte die professionelle Zahnreinigung mit dem Patienten privat abrechnen können, ist es das Beste was gibt. Letztlich ging es hier nur darum, mehr Honorar für die gleiche Arbeit zu erhalten. Peter Friemelt berichtet aus der Beratung von einem Zahnarzt in München, der bei einem Patienten für die professionelle Zahnreinigung 400 Euro verlangte. Der Standard in München sind ca. 80 Euro.
Peter Friemelt informierte, dass der Wunsch immer vom Patienten ausgehen muss. Anders wie bei Kassenleistungen müssen Patienten auf einen schriftlichen Vertrag pochen. IGeL-Verträge setzen – bevor sie abgeschlossen werden – die Information des Patienten über die Leistung, ihre Indikation (Begründung) und ihre Kosten voraus. Er rät auch nicht schnell zu entscheiden und lieber noch eine Zweitmeinung einholen.
Michael Schmatz